99 % denken bei Diversity an Frauen und Männer: Weit gefehlt!
Grundsätzlich möchte ich den Blick eigentlich immer in die Zukunft richten; doch lassen Sie uns dennoch kurz über 60 Jahre zurück in die Vergangenheit blicken. Im Jahr 1958 trat laut Artikel 3 des Grundgesetzes die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Kraft. Vielleicht haben Sie sich trotzdem gerade dabei erwischt, auch zu den 99 % zu gehören, die das wichtige Thema Vielfalt auf Frauen und Männer begrenzen. Oder woran haben Sie als Erstes gedacht? Diversity ist deutlich mehr als ein Modewort des 21. Jahrhunderts. Vielfalt umfasst im wahrsten Sinne des Wortes viele Aspekte. Neben der individuellen Persönlichkeit eines jeden Menschen hat jede Person nahezu unveränderbare Eigenschaften; diese lassen sich in den sieben Diversity-Kern-Dimensionen deutlich greifbarer machen.
- Alter
- Ethische Herkunft & Nationalität
- Geschlecht & gesellschaftliche Identität
- Körperliche und geistige Fähigkeiten
- Religion & Weltanschauung
- Sexuelle Orientierung
- Soziale Herkunft
Die Veränderungsdynamik in der Finanzbranche war in den letzten Jahren sicherlich hoch und wird aufgrund der betriebswirtschaftlichen Situation vieler Institute weiter anhalten. Doch sind das Denken und Handeln des Top-Managements und der gesamten Belegschaft auch so dynamisch?
In meiner Wahrnehmung gibt es hier eine große Spreizung. Ich selbst durfte in einer Sparkasse arbeiten, in welcher mir der Vorstand als Frau mit 31 Jahren das Vertrauen geschenkt hat, den Gesamtbereich „Personal“ zu verantworten. Vielfalt wird hier aktiv von der Geschäftsleitung als Chance und nicht als Risiko kommuniziert. Dennoch wurde ich im gleichen Haus in meiner anschließenden Tätigkeit als Personalleiterin von Bewerbern*innen gefragt, ob denn in dem Alter – unabhängig, ob von Jüngeren oder Älteren – eine Bewerbung überhaupt Sinn macht oder ob man ohnehin gleich aussortiert wird, ob wir auch Bewerber*innen mit nicht deutscher Nationalität im Bewerbungsprozess berücksichtigen und ob es ein Problem darstellt, nicht bayerisch zu sprechen. Ich könnte leider für jede Vielfaltsdimension Beispiele nennen.
Was erleben die Mitarbeiter*innen, die bereits im Unternehmen arbeiten? In den Strategiepapieren wird Diversity oftmals großgeschrieben, aber dabei bleibt es meist und Papier ist bekanntlich geduldig. Ein offener Austausch findet nicht statt und individuelle Lösungen werden als nicht erstrebenswert angesehen. Die Kollegen*innen trauen sich dadurch nicht, ihre wahre Identität zu zeigen, und versuchen möglichst unauffällig – auch im positiven Sinne – durch ihr Arbeitsleben zu kommen.
Den Fachkräftemangel spürt die Finanzbrache bereits sehr deutlich und dieser wird sich weiter verschärfen. Die Arbeitgeberattraktivität wird zu einer der (Über)-Lebensversicherungen für eine erfolgreiche Zukunft. Die Banken und Sparkassen können und vor allem sollten es sich nicht länger leisten, nicht aus dem vollen Potenzial aller Menschen zu schöpfen.
Diversity beginnt im Kopf jedes Einzelnen und geht uns alle etwas an – also fangen Sie an!
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